Über LEXMED...
Lernfähiges Expertensystem zur medizinischen Diagnose am Beispiel
von Appendizitis (Blinddarmentzündung)
1. Warum Appendizitis:
Die Diagnose der Appendizitis ist entgegen landläufiger Meinung nicht
einfach. Chirurgen "gehen von der Tatsache aus, daß die klinische
Diagnose der Appendizitis schwierig und mit Unsicherheiten belastet
ist" und "daß auf der anderen Seite die Unterlassung der Operation
bei einer akuten Entzündung ein erhebliches Risiko bedeutet, und daher
die gewissermaßen immanente Häufigkeit von Fehldiagnosen (in
Form von unnötigen Operationen) etwa 15% beträgt."(s. Literatur:
B. Hontschik, 1994; vgl. Böhner et al. 1994). Gleichzeitig ist Appendizitis
eine häufige Krankheit (etwa 10000 Fälle allein in Baden-Württemberg
1995), die wissenschaftliche Literatur ist entsprechend umfangreich, größere
Datenbanken behandelter Fälle liegen vor und können zur Überprüfung
oder Gewinnung von Hypothesen genutzt werden. Dies alles bietet eine gute
Grundlage, das noch nicht befriedigend gelöste Diagnoseproblem mit
modernen Methoden weiter zu erforschen.
2. Wissenschaftlicher Hintergrund: Wahrscheinlichkeiten
Wahrscheinlichkeiten bieten ein sicheres formales Gerüst im Umgang
mit unsicherem und unvollständigem Wissen. Für ihre erfolgreiche
Anwendung in Expertensystemen waren etliche zusätzliche Probleme zu
lösen:
- Fragen der Anwendung der formale Sprache auf umgangssprachlich formulierte
Probleme
- die Verringerung der Komplexität der notwendigen Berechnungen
- die faire Reduzierung der Freiheitsgrade bei unvollständiger Information
Das Projekt baut auf diesen Erfahrungen auf und zeigt wie sie für
die medizinische Diagnose umgesetzt werden können. In Teilaufgaben
werden dabei umgangssprachliche Informationen in Häufigkeits- und
Wahrscheinlichkeitsaussagen übersetzt, die Methode der Maximierung
der Entropie zur fairen Reduzierung der Freiheitsgrade verwendet und die
Möglichkeiten zur Komplexitätsreduktion durch die Verwendung
graphischer Modelle (Unabhängigkeitsgraphen) genutzt.
Zentral ist dabei die Verwendung eines Programmsystems (hier:
PIT),
das Wahrscheinlichkeitsaussagen (bedingte Wahrscheinlichkeiten mit Intervallen) verarbeiten
kann und auf der Basis dieses (unvollständigen) Wissens beliebige Anfragen (z.B.:
"Wenn Symptom x und Symptom y dann liegt Krankheit z mit welcher Wahrscheinlichkeit
vor ?") wahrscheinlichkeits- und informationstheoretisch korrekt beantwortet.
Wird der Umgang mit Wahrscheinlichkeiten im Licht dieser Ergebnisse
und Ihrer Implementierung betrachtet, bietet er die Chance, den Arzt technisch
zu entlasten (welche Folgerungen sind gerechtfertigt anhand der vorhandenen
unsicheren bzw. unvollständigen Aussagen ?), fordert ihn aber gleichzeitig
dazu auf, sein Wissen explizit zu machen und zur Diskussion zu stellen.
Damit besteht die Möglichkeit, die Leistungsfähigkeit und das
Verständnis medizinischer Diagnose zu verbessern.
3. Stichworte:
Medizinische Diagnose, Wahrscheinlichkeit, unvollständiges Wissen,
unsicheres Wissen, künstliche Intelligenz (KI), Methode maximaler
Entropie, Data Mining, maschinelles Lernen, automatische Klassifikation,
Regeln, Falldaten, Expertensystem, Defaultschliessen, umgangssprachliches
Schliessen und Entscheiden
Fachgebiete: Mathematik, Informatik, Logik, Medizin